DNF- Mein erstes Brevet

Mit Zielen ist es manchmal so, wie mit Weihnachtsgeschenken. Man bekommt nicht das was man sich vorgestellt hat. Mein erstes Brevet endete leider DNF (Did Not Finished).

Als ich mich zu meinem ersten 200km Brevet im sehr frühen Frühjahr 2019 anmeldete war ich zuversichtlich, sehr zuversichtlich, fast etwas euphorisch, dass ich es schaffen könnte. Was sind schon 200km am Stück? Es ist das kleinste, sprich kürzeste Brevet das man in den Serien der Randonneurs Mondiaux Allemagne, München, Oberbayern fahren kann. Das schüttle ich doch aus dem Handgelenk oder besser aus den Beinen.

Die Monate bis zum Termin vergehen. Es hätte mir auffallen können. Ich fuhr dieses Jahr weit weniger und sehr viel kürzere Strecken als die Jahre davor. Die Grundkondition blieb zwar gut, ich fühlte mich gut, so gut das ich zwei Wochen vor dem Start sogar noch zwei Wochen Fahrradpause einlegte (siehe Post „Urlaub“). Dann stand es vor der Tür. 08.00 h sprich Nullachthundert Abfahrt vom Roeckelplatz in München Richtung Bad Tölz, Achensee, Inntal. Die Brevetkarte wurde gestempelt, die Kontrollpunkte waren klar, los ging es. Die erste Kontrollstelle in Lenggries, kurz hinter Bad Tölz in einer Konditorei. Für mein Empfinden lief es gut – zu gut? Ich war schnell in Lenggries. Uhrzeit aufschreiben, Stempel in die Brevetkarte geben lassen, kurze Pause und weiter.

Die nächste Kontrollstelle lag schon etwas weiter draussen, Wörgel im Inntal 133km vom Startpunkt entfernt ein Mc Donalds. Das ist eine Strecke, die ich schon nicht mehr so häufig fahre. Aber gut. Auch das war kein Problem, nochdazu die wilde Abfahrt vom Achensee ins Inntal die viele rasante Kilometer brachte. Der nächste größere Ort sollte Kufstein im Inntal sein, nur ein paar Kilometer weiter.

Vielleicht habe ich den Fehler gemacht, nur an die nächste Kontrollstelle zu denken. Sie lag freilich noch ein ganzes Stück entfernt in Brannenburg. Aber ich fühlte mich so gut, dass es völlig unvorstellbar schien innerhalb von Minuten dem Mann mit dem Hammer zu begegnen. Zuerst traf er mich in den Beinen um gleich noch einen Schlag in die Magengrube draufzusetzen. Schläge in die Magengrube führen unweigerlich zu beachtlicher Übelkeit und das war dann der Zeitpunkt an dem der Kopf der Situation nicht mehr gewachsen war.

Eine ganze Zeit quälte ich mich so. An Geschwindigkeit und Gleichmäßigkeit war nicht mehr zu denken. „Hör auf! Das wird noch schlimmer! Ich werde Dir zeigen, wer hier der Herr im Hause ist!“ So rief mir mein Kopf ständig dazwischen. Die Trittfrequenz wurde langsamer und langsamer. Die ersten motivationsbedingten Pausen folgten, viele in kurzen Abständen. Doch mein Zustand besserte sich nicht. Kufstein kam in Sich, die mächtige Burg seitlich vorbei der Inn-Radweg.

Der Mann mit dem Hammer setzte den finalen Schlag gegen meine Montivation und zeigte mir linker Hand den Bahnhof in Kufstein. Was für eine hinterhältige, fiese Taktik. Ich kam noch bis zum Fußgängersteg über den Inn, wendete auf selbigen und fuhr geradewegs zum Bahnhofsgebäude.

Verloren oder eben DNF.

Im Zug nach München hatte ich ausreichend Zeit mich zu erholen. Das geht dann immer ganz schnell, wenn ich weiß, das es nichts mehr zu leisten gibt. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Nicht die Kondition, nicht der Mann mit dem Hammer sorte für meine Aufgabe. Es war mein eigener Kopf. Längere Touren funktionieren nie ohne Schmerzen, manchmel mehr manchmal weniger. Solange aber der Kopf sagt alles ok, ich selbst motiviert bleibe fahre ich weiter, eben auch dann, wenn die Beine bereits brennen und der Bauch anfängt zu ziehen.

Auf keinen Fall war es das letzte mal. Ich komme wieder, nächstes Jahr, besser vorbereitet. Nur wer aufgibt, hat wirklich verloren, hat wirklich DNF. In mein Ausdauerprogramm kommt jetzt ein größerer Anteil mentalen Trainings . Ich weiß jetzt, zuerst verliert man im Kopf, der Körper folgt auf dem Fuße.

Markus

Rahmenbauer, Zweiradmechanikermeister, Fahrradfahrer und Fahrradverrückter Wirtschaftsinformatiker

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