Scott Boulder MTB 1992

Ich habe es wiedergefunden in der alten Scheune meines Bruders, ganz hinten, etwas verunstaltet, an manchen Teilen etwas gebrechlich, aber seit damals nur mehr wenige Kilometer gefahren. „Nimm es mit, ich werfe es sonst in den Alteisencontainer“, hat mein Bruder gesagt. Die Entscheidung viel nicht schwer.

Das Boulder von Scott gehört mit zu den ersten MTBs in Europa. Mein erstes Rad mit MTB Geometrie war es auf alle Fälle.

Was ist mit dem 1″ Bullhorn-Lenker passiert und wer hat diesen Sattel draufgesetzt? Die netten Reflektoren und das Schloss an der Sattelklemme sind übel. Schlimm steht es um die original Decals und den Rahmenlack.

Aber alles der Reihe nach….

Ja, es ist aus Stahl. Ich hatte das so nicht mehr in Erinnerung. Das Boulder von Scott, gekauft von meinem Bruder, 1992 beim neu eröffneten Fahrradladen in unserer Kleinstadt im Bayrischen Wald. Für 1600 DM schob der Händler das Bike über den Ladentisch. Ich war begeistert von dieser Geometrie, den breiteren, grobstolligen Mänteln, den futuristischen Bullhorn-Lenker und dem leichten Gewicht.

Der derbe Sattel, Seitenständer und das neckische Schloss fehlten damals freilich noch. Wann dem Boulder das angetan wurde ist nicht überliefert.

Nach einem ersten vorsichtigen Draufsetzen erkenne ich sofort – der Rahmen, das gesamte Rad passen noch. Erinnerungen kommen hoch, ich schwelge ein wenig in Nostalgie.

Das Boulder soll auf alle Fälle soweit als möglich mit den Originalteilen wieder auf die Straße. Dies ist nach erster in Augenscheinnahme sich für einen Großteil der Komponenten möglich. Seitenständer, Schloss und Sattel waren ’92 so nicht verbaut. Die Mäntel zerbröseln und die Pedale sind gebrochen und müssen getauscht werden.

Den Bullhorn-Lenker zierte damals ein schmucker Neoprenschlauch. Ich trage mich mit der Idee, das durch ein Lenkerband zu ersetzen.

Die vielen Schrammen und Abplatzer im Lack der Ketten- und Sattelstreben werde ich vorsichtig lackieren, die Kettenstrebe zusätzlich mit einem Stück Schlauch schützen.

Der Rahmen und die Gabel verfügen über eine ziemliche Durchlassbreite für sehr breite Reifen. Ich entscheide mich für 2.3″ breite, straßentaugliche Mäntel.

Wie immer bei solchen Umbauten oder Restaurierungen bin ich sehr gespannt das Rad wieder auf die Straße zu stellen und es zu fahren. Das Boulder macht es mir leicht, erste Erfolge zu erzielen und es wieder fahrtüchtig zu bekommen.

Nach einer ersten Runde in der Werkstatt finde ich das Ergebnis durchaus sehenswert. Die damals qualitativ noch schlechteren Aluminiumlegierungen sowie eine unzureichende Formgebung der Felgen sorgten gleich bei der ersten Ausfahrt für einen Speichenbruch am Hinterrad.

Durch die komplette funktionale Aufarbeitung des Rades rollt es wie am ersten Tag. Das liegt natürlich auch daran, das es zu seiner Zeit kaum gefahren wurde. Damals war meine erste größere Tour eine Runde von gerade einmal 45 km. Mein Bruder hat es wohl kaum je so weit bewegt.

Das hole ich jetzt nach. Nach den den ersten Ausfahrten überlege ich, den Bullhorn-Lenker gegen einen leicht gekröpften zu tauschen und markante Griffstücke zu verwenden. Die Sorge, das ich Ihm damit den nostalgischen Charme nehme ist natürlich berechtigt.

Ein Hingucker ist es meines Erachtens schon jetzt.

Was sagt Ihr dazu?

Markus

Rahmenbauer, Zweiradmechanikermeister, Fahrradfahrer und Fahrradverrückter Wirtschaftsinformatiker

Alle Beiträge ansehen von Markus →